ALLES PERCHTEN
Wenn die Hölle Trachten trägt
Die einen jubeln, die anderen suchen schleunigst das Weite: Kaum ist Dezember in Sicht, stürmen sie wieder los – die Perchten. Inzwischen weniger stille Wintergeister, mehr Pyro-Party im Zottelg‘wand. Wo früher mystische Gestalten durch verschneite Dörfer schlichen, wirbeln heute "Brauchtumsgruppen" bereits im Advent mit Feuerwerk, Rauchbomben, Motorsägengekreische und Spirituswolken durch die Nacht. Der Winter soll vertrieben werden – offenbar durch exzessive Effekte wie LED-Masken, bengalische Feuer und CO2-Shooter. Wozu überhaupt den Winter vertreiben, wenn er eh kaum noch stattfindet? – Aber das ist eine andere Frage...
Tradition trifft auf Testosteron
In der Regel gehen diese Spektakel friedlich über die Bühne – es sei denn, das Teufelspipi – wie Zirbener oder Obstler – haben auch das eine oder andere Hirn vernebelt. Dann kann es passieren, dass die unkontrollierte Peitschen- und Rutenführung bei Besuchern schmerzhafte Andenken hinterlässt.
In Kärnten ist die Sache regional verschieden gewachsen: Während mancherorts der Krampus schon seit Jahrhunderten am 6. Dezember mit dem Nikolaus durch die Gegend stapft, sind anderswo die Perchten tief in den Rauhnächten verwurzelt – jenen zwölf geheimnisvollen Tagen zwischen 24. Dezember und 6. Jänner, wo faules Gesinde bestraft wird, Kühe reden und ja keine Wäsche aufgehängt werden darf, weil sich darin Geister verfangen könnten.
Die Rollenverteilung ist dabei klar:
- Der Krampus bestraft ungezogene Kinder und verkörpert das Böse.
- Die Perchte dagegen räumt später gründlich auf – sie treibt den Winter aus, samt Geistern, Dämonen, schlechter Laune und soll auch noch Fruchtbarkeit spenden.
Laut Kirche aber: Nicht lustig!
Der Name "Percht(e)“ geht zurück auf Frau Perchta, eine Kollegin von Frau Holle, möglicherweise in Verwandschaft mit der Göttin Diana – allesamt aus dem Sortiment "Heidnische Gottheiten, Version vorchristlich“. Die Kirche selbst fand das einst konkurrenzbedingt gar nicht lustig und hat sie kurzerhand (wie so Vieles) auf die Liste "unerwünscht" bzw. "verboten" gesetzt. Trotzdem hielt sich der Brauch hartnäckig. Laut Religionswissenschaftlern versuchte die Kirche dem heidnischen Treiben den Stecker zu ziehen – und legte die Weihnachtstage einfach zur selben Zeit, in der Hoffnung, dass Christkind gegen Percht gewinnt.
Fruchtbarkeit, Moral und Chaos
Ob Schönperchten, Schiachperchten, Glöckler, Habergeiß, Bär oder Hexe – sie alle bilden zusammen ein wahrhaft mythisches Panoptikum aus Fruchtbarkeit, Moral und Chaos. Man könnte sagen: ein alpenländisches Marvel-Universum in Fell und Maske. Und wer genau hinschaut, erkennt: Hier geht es doch nicht nur um Show, sondern um tief verwurzelte Vorstellungen von Ordnung, Natur und dem richtigen Verhalten – verpackt in eine gute Portion Schreck und Spektakel.